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Ordinationserwerb - Firmenwertabschreibung

17 Oktober 2019

Der Kauf einer Ordination gehört zu den größten  Investitionsentscheidungen eines Arztes. Neben Bewertungsfragen – hierfür gibt es von der  Ärztekammer geeignete Bewertungsrichtlinien –  stehen steuerrechtliche Fragestellungen im Vordergrund.

Der Firmenwert oder „Goodwill“ einer Ordination wird im Wesentlichen durch den Patientenstock des Arztes definiert. Daneben werden oft noch Geräte und Einrichtungsgegenstände mitverkauft – vielleicht sogar die Immobilie selbst oder der Arzt tritt in den Mietvertrag ein. 

Ertragsteuerrechtlich ist der Praxiswert auf die persönlichen Leistungen des Rechtsvorgängers zurückzuführen und daher abnutzbar. Die Nutzungsdauer ist für einen entgeltlich erworbenen Firmenwert nur für Land- und Forstwirte und Gewerbetreibende gesetzlich geregelt. Dieser ist zwingend über einen Zeitraum von 15 Jahren linear abzuschreiben. Bei Freiberuflern ist hingegen der Firmenwert über einen kürzeren Zeitraum abzuschreiben. Als Vorgabe geben die Einkommensteuerrichtlinien eine Nutzungsdauer im Standardfall von fünf Jahren an. Es kann aber auch ein wesentlich kürzerer Abschreibungszeitraum von z.B. nur drei Jahren angesetzt werden, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Nachhaltigkeit des Firmenwertes nicht länger gegeben ist. Nur wenn der Praxisinhaber weiter in der Ordination tätig bleibt, ist der Praxiswert nicht abnutzbar. Es bestehen aber keine Bedenken, einen nicht abnutzbaren Praxiswert analog zur Regelung für Land- und Forstwirte und Gewerbetreibende über 15 Jahre abzuschreiben. Gleiches gilt für eine Gruppenpraxis, wenn der verkaufende Gesellschafter weiter mit einem Anteil in der Gesellschaft verbleibt und nach außen hin tätig bleibt.

Umsatzsteuerrechtlich ist zwischen der Veräußerung von Anlagegegenständen und der Veräußerung der Praxis (Patientenkartei) zu unterscheiden. 

Nur Umsätze aus Heilbehandlungen des Arztes unterliegen der unechten Steuerbefreiung. Die Veräußerung von Anlagegegenständen kann dann umsatzsteuerfrei erfolgen, wenn der Arzt für diese Gegenstände keinen Vorsteuerabzug vornehmen konnte. Konnte hingegen anteilsmäßig ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden (z.B. beim Allgemeinmediziner mit einer Hausapotheke oder einem Arbeitsmediziner), dann kann die Umsatzsteuerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden. 
Die Veräußerung der Patientenkartei (diese ist gleichzusetzen mit dem Firmenwert der Ordination) stellt nach der Rechtsprechung prinzipiell eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar. Das hätte die negative Konsequenz, dass der Erwerber  keinen Vorsteuerabzug hat und der Veräußerer trotzdem die Umsatzsteuer von 20% an das  Finanzamt abzuführen hat. Es gibt aber auch für diesen Fall eine steueroptimale Lösung. Wenn der Arzt mit umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen (z.B. Vermietungsumsätzen) nicht die Kleinunternehmergrenze von EUR 30.000 netto (für 2019) übersteigt, bleiben Hilfsgeschäfte einschließlich der Geschäftsveräußerung bei der Ermittlung der Kleinunternehmergrenze außer Ansatz. Als Kleinunternehmer kann dann auch der Verkauf der Ordination samt Patientenkartei umsatzsteuerfrei erfolgen. 

Mit dem aller Voraussicht Ende September noch zu beschließenden Steuerreformgesetz 2020 wird die Kleinunternehmergrenze (Beginn der Umsatzsteuerpflicht) von derzeit EUR 30.000 auf EUR 35.000 pro Jahr erhöht werden. Über die weiteren Details des Steuerreformgesetzes 2020 werden wir gesondert nach der Beschlussfassung berichten.