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VwGH

21 August 2019

Fortbestand von Altmietverträgen bei Umgründung (VwGH 3.4.2019, Ro 2018/15/0012; BFG 6.5.2019, RV/7101631/2016)

Bei vor dem 1.9.2012 begonnenen Mietverträgen („Altmietvertrag“) über Geschäftsräumlichkeiten durfte der Vermieter unabhängig von der Vorsteuerabzugsberechtigung des Mieters zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Diese Option bleibt für die gesamte (Rest)Laufzeit des Mietvertrages aufrecht. Bei ab 1.9.2012 begonnenen Mietverhältnissen setzt die Option zur Steuerpflicht demgegenüber einen zu mindestens 95% VSt-abzugsberechtigten Mieter voraus.
Bei einer mit Gesamtrechtsnachfolge verbundenen Umgründung auf Mieterseite wird aus Sicht des VwGH kein neues Mietverhältnis begründet und die Eigenschaft als Altmietvertrag bleibt aufrecht, sodass die umsatzsteuerpflichtige Vermietung fortgeführt werden kann.
Die Rechtsprechung des VwGH dürfte auf alle mit Gesamtrechtsnachfolge verbundene  Mieter- oder Vermieterwechsel bei Altmietverträgen übertragbar sein.
Nach Ansicht des BFG besteht auch bei Einzelrechtsnachfolge die Eigenschaft als Altmietvertrag fort (BFG 6.5.2019, RV/7101631/2016). Gegen dieses Erkenntnis ist aber eine Amtsrevision beim VwGH anhängig.


Leistungsaustausch und Steuerbefreiung bei Förderungen im Bereich der Sozialfürsorge (VwGH 27.2.2019, Ro 2018/15/0022)

Werden Förderungen im Gegenzug für die  Erbringung konkreter Leistungen – hier: Heranführung und Eingliederung junger Menschen an den Arbeitsmarkt durch eine gemeinnützige  Gesellschaft – gewährt, so liegt ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vor. 
Die gegenständlichen Leistungen sind jedoch als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen gemäß Art. 132 Abs. 1 lit. f MWSt-SystemRL (unecht) steuerbefreit, wenn sich der Unternehmer auf die unmittelbare Anwendung dieser (in Österreich nicht vollständig umgesetzten) Richtlinienbestimmung beruft.

Werbeleistungen eines gemeinnützigen Sportvereins (VwGH 3.4.2019, Ra 2017/15/0096)

Werbeleistungen (Bandenwerbung) eines gemeinnützigen Sportvereins sind steuerpflichtig und korrespondierende Eingangsleistungen berechtigen zum Vorsteuerabzug, wenn sich der Verein auf die unmittelbare Anwendbarkeit der MWSt-SystemRL beruft.

Versagung der Steuerbefreiung für Einfuhr mit anschließender ig Lieferung (VwGH 26.3.2019, Ra 2016/16/0061)

Die Steuerbefreiung für die Einfuhr bei anschließender ig Lieferung bzw. ig Verbringung (zollrechtliches Verfahren 4200) darf dem Importeur (hier: Spediteur) versagt werden, wenn er wusste oder wissen musste, dass der Umsatz i.Z.m. einer Steuerhinterziehung steht.
Erklärt der Empfänger im Bestimmungsland einen ig Erwerb und begeht er erst auf der nachfolgenden Umsatzstufe (Weiterverkauf der Ware) mutmaßlich eine Steuerhinterziehung, so darf dem Importeur die Steuerbefreiung nicht versagt werden, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass er von dieser Steuerhinterziehung wusste oder wissen hätte müssen.


Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei Leasingverträgen (VwGH 30.4.2019, Ra 2017/15/0071)

Operating Leasing wird umsatzsteuerlich als (laufende) sonstige Leistung angesehen, während bei Financial Leasing bereits zu Beginn des Leasingvertrages eine umsatzsteuerbare Lieferung des Leasinggegenstandes an den Leasingnehmer vorliegt.
Finanzierungsleasing (und damit umsatzsteuerlich eine Lieferung) liegt nach Ansicht des VwGH vor, wenn es am Ende der Leasingdauer zum automatischen Eigentumsübergang auf den Leasingnehmer kommt oder wenn im Fall einer Kaufoption die Ausübung der Option die einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer ist.
Anm.: Die UStR (Rz 345) knüpfen derzeit für umsatzsteuerliche Zwecke an die ertragsteuerliche Qualifikation als Finanzierungs- oder Operating-Leasing an.

Vorrang der Kleinunternehmerregelung vor echten Steuerbefreiungen (VwGH 12.6.2019, Ro 2018/13/0007)

Die Kleinunternehmerbefreiung hat Vorrang gegenüber den echten Steuerbefreiungen des UStG. Führt ein Kleinunternehmer Umsätze aus, die auch echt steuerbefreit wären (z.B. ig Lieferungen), so geht die Kleinunternehmerregelung vor und der Kleinunternehmer ist i.Z.m. derartigen Umsätzen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Anm.: Eine Nutzung der echten Steuerbefreiungen und des damit einhergehenden Vorsteuerabzugs wäre bei Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung möglich.