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Covid-19: Möglichkeiten der Verrechnungspreisanpassung

30 März 2020

Alexandra Dolezel, Partnerin |

Sollten international agierende Unternehmen jetzt Corona-bedingt Verluste erzielen, so könnten Körperschaftsteuerzahlungen in Ländern, in denen sie lediglich im Wege von sog. konzerninternen Routinegesellschaften, d.s. Gesellschaften mit niedrigem Funktions-  und Risikoprofil tätig sind, ihre wirtschaftliche Situation noch zusätzlich belasten. Unter einer Routinegesellschaft ist etwa ein Lohnfertiger oder eine sog. Low-Risk-Vertriebsgesellschaft zu verstehen, siehe österreichische Verrechnungspreisrichtlinien (öVPR) Rz. 47. Dies gilt, da derartige Routinegesellschaften nach Ansicht vieler Finanzverwaltungen grundsätzlich regelmäßig einen moderaten Gewinn zu erzielen haben. 

Nach Rz. 3.64 ff. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien (OECD-VPL) sollten Corona Verluste jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum erwirtschaftet werden. Dies solle aber nicht bedeuten, dass die Erwirtschaftung eines Corona Verlustes niemals zulässig sei. Die Sachgerechtheit sei für den jeweiligen Einzelfall zu erwägen. In 7.35 ff. OECD-VPL (bzw. Rz. 80 öVPR) wird ausgeführt, dass es Umstände geben kann, nach denen die Abstandnahme von der Verrechnung eines Gewinnelements sachgerecht sein kann.

Die österreichische Finanzverwaltung (vgl. Macho/Steiner/Spensberger, in Verrechnungspreise kompakt, Case Study 2) zitiert hierzu Tz. 3.4.10.2 a der deutschen Verwaltungsgrundsätze Verfahren. Demzufolge sei „bei üblichem Geschäftsverlauf“ ein geringer, aber stabiler Gewinn zum Ansatz zu bringen. Daraus sei abzuleiten, dass „bei unüblichem Geschäftsverlauf“, also in Ausnahmefällen, Verluste anfallen können. Margen- bzw. Gewinnaufschlagsreduktionen sind beim Routineproduzenten aufgrund der Verhandlungsstärke und des Verhandlungsdiktats des Auftraggebers nicht von vornherein als fremdunüblich zu qualifizieren. In Zeiten wirtschaftlicher Rezession sind derartige Vorgehensweisen auch unter fremden Dritten denkbar. Eine wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung derartiger „Anpassungen“ sei eine geeignete und umfassende Dokumentation, die den Verhandlungsprozess wiedergibt. Verlustübernahmen des Routineunternehmens aufgrund eines Gesamtverlustes im Konzern wären eventuell vorstellbar, wenn dies durch höhere Gewinnchancen in der Zukunft kompensiert wird. Eine de facto risikolos gestellte Produktionseinheit wäre funktional nur noch positiv besetzt; konjunkturelle Schwankungen (Absatzkrisen) würden grundsätzlich dem Strategieträger, nicht aber dem Routineunternehmen zufallen. Die Akzeptanz der Reduktion des Gewinnaufschlages auf Null als „wirtschaftlich existenzieller Beitrag zur Sanierung des Überlebens des Entrepreneurs“ könnte das wirtschaftliche Überleben des Routineunternehmens ermöglichen.

Für den vorliegenden Fall kann daraus abgeleitet werden:

Preisanpassung aufgrund der Corona-Problematik

Durch das Coronavirus entsteht kein „normaler“ Konjunkturabschwung, dessen negative wirtschaftliche Ergebnisse durch das reguläre Konjunkturhoch wieder ausgeglichen werden können. Es ist nicht in jedem Fall ist ein korrespondierendes Wachstum in der Zukunft zu erwarten. Auf Basis der derzeit vorliegenden Ausnahmesituation erscheint es daher sachgerecht, die Gewinnaufschläge von faktisch im Grunde risikolosen Konzerngesellschaften unter genauer Beschreibung der besonderen Härte für den Konzern und der Verhandlung der Ausnahmesituation zwischen den Vertragsparteien auf Null zu reduzieren.

Als weitere gelindere Gestaltungsmöglichkeit bietet sich eine kurzfristige Adaptierung der mit der Routinegesellschaft vereinbarten Preise bzw. Margen zum unteren Ende der interquartilen Bandbreite an. (Sofern der Verrechnungspreis auf Basis der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode bestimmt wurde.).

Die Beteiligung von Routinegesellschaften an Verlusten wird von Teilen der österreichischen Finanzverwaltung sehr kritisch gesehen. Im Hinblick auf die diesbezüglichen Risiken der Beanstandung im Zuge einer Betriebsprüfung würden wir ein derartiges Vorgehen nicht empfehlen.  

Notwendige Vertragsanpassungen und Dokumentationspflichten betreffend Corona 

Selbst wenn die bisherigen konzerninternen Verträge keine sog. Preisanpassungsklausel umfassen, kann bei entsprechender detaillierter Dokumentation eine derartige Preisanpassung erfolgen. Dies sollte schriftlich erfolgen, wobei der geplante Zeitraum der Gültigkeit die genauen wirtschaftlichen Gegebenheiten, die zu einer solch kurzfristigen Anpassung der Verrechnungspreise geführt haben, sowie der diesbezügliche Verhandlungsprozess detailliert zu erläutern sind

Nutzung der Krise zur Umstrukturierung

Weiters könnte in Erwägung gezogen werden, die Krise zur grenzüberschreitenden Restrukturierung zu nutzen, da sich bei reduzierten Gewinnerwartungen für die nächsten Jahre Steuerkosten – Stichwort Wegzugssteuer – bei allfälligen Verlagerungen von Betrieben und/oder immateriellen Werten reduzieren lassen.