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VwGH: Nicht getilgte Verbindlichkeiten zählen zum Abwicklungs-Endvermögen iSd § 19 Abs 4 KStG

30 September 2019

Die Beratungspraxis wartet seit Längerem auf die Klärung der Frage wie nicht getilgte Verbindlichkeiten im Rahmen einer (insolvenzbedingten) Liquidation einer Kapitalgesellschaft behandelt werden. Am 4.9.2019 hat der VwGH (Ro 2017/13/0009 und Ro 2017/13/0010) das Erkenntnis des BFG vom 19.12.2016, RV/5100775/2015, in denen ein Nichtansatz nicht getilgter Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen und eine Zurechnung des so entstandenen Liquidationsgewinnes an den Gruppenträger vertreten wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Somit ist klargestellt, dass am Ende einer Liquidation nicht getilgte Verbindlichkeiten Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens iSd § 19 Abs 4 KStG sind. Folglich kommt es damit zu keiner Erhöhung des Liquidationsgewinnes (wie vom BMF seit dem Salzburger Steuerdialog 2014 vertreten wird) und damit auch zu keiner Erhöhung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage bei der sich in Liquidation befindlichen Körperschaft.

In der Urteilsbegründung stellte der VwGH zunächst außer Streit, dass die Liquidationsbesteuerung gem § 19 KStG auch im Falle einer insolvenzbedingten Liquidation zur Anwendung kommt, wobei § 19 Abs 4 KStG (Definition des Abwicklungs-Endvermögens als zur Verteilung kommendes Vermögen) nur sinngemäß anwendbar ist. Bei der Interpretation der Formulierung des § 19 Abs 4 KStG („Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen“) ist der Zweck der Bestimmung des § 19 KStG zu berücksichtigen. Mit der Liquidationsbesteuerung iSd § 19 KStG soll eine Schlussbesteuerung sichergestellt werden; diese Bestimmung sieht eine finale Besteuerung der im Betriebsvermögen im Laufe des Bestandes der Körperschaft angesammelten stillen Reserven vor; es kommt zu einer sog. „Steuerentstrickung“. Damit wird sichergestellt, dass die aufgrund der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen (stillen Reserven) bei der letzten sich bietenden Möglichkeit besteuert werden, bevor das Steuersubjekt endgültig wegfällt. Eine darüber hinausgehende Besteuerung einer bei der zu liquidierenden Gesellschaft nicht eingetretenen Vermögensmehrung ergibt sich daraus nicht. Den Ansatz von Schulden im Abwicklungs-Endvermögen in einem der Bewertung vorgelagerten Schritt von ihre tatsächlichen „Verteilung“ abhängig zu machen, wie dies das BFG vertrete, steht nach Ansicht des VwGH mit dem Gesetzeszweck in keinem Zusammenhang. Mit dem zur Verteilung kommenden Vermögen sei – auch historisch gesehen – das für die Verteilung zur Verfügung stehende Vermögen gemeint. Dass das Abwicklungs-Endvermögen auch negativ sein kann, bezweifelt der VwGH nicht. Zusammenfassend lehnt der VwGH folglich die am Wortlaut orientierte Auslegung des BFG ab.

Interessant sind im gegenständlichen Erkenntnis auch die Ausführungen des VwGH zur Frage der Zurechnung des Liquidationsergebnisses des Gruppenmitglieds zum Gruppenträger. Diesbezüglich wird mit Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 26.11.2014, 2011/13/0008, 0009 ausgeführt, dass die Gruppenbesteuerung dem Ausgleich von Gewinnen und Verlusten werbender Gesellschaften diene und dass die Verrechnung von Abwicklungsergebnissen mit operativen Ergebnissen diesem Zweck nicht entspreche und die Erfassung von Ergebnissen mehrerer Jahre im Jahresergebnis des Gruppenträgers systemwidrig wäre. Das Abwicklungsergebnis eines Gruppenmitglieds ist daher Ansicht des VwGH nicht gem § 24a Abs 1 KStG als dem Gruppenträger zuzurechnendes Einkommen des Gruppenmitglieds festzustellen.

Welche steuerlichen Konsequenzen diese Rechtsprechung für die einzelnen Gesellschaften bzw gegebenenfalls für den Konzernaufbau nach sich ziehen, erfahren Sie bei unseren BDO-Experten. Wir empfehlen Ihnen jedenfalls die steuerlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen in Insolvenzfällen frühzeitig mit ihrem Steuerberater abzuklären.