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EU Quick Fixes - Neuerungen Mehrwertsteuersystem

28 Februar 2019

Am 7. April 2016 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer vorgestellt. Ziel ist die Vereinheitlichung des Mehrwertwertsteuersystems innerhalb der Europäischen Union.

Hintergrund des Aktionsplans sind unter anderem rund EUR 50 Milliarden jährliche Mehrwertsteuereinbußen in der Europäischen Union, die durch grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug zustande kommen. Die Reform des Mehrwertsteuersystems soll diesen Betrag um bis zu 80% reduzieren.

Die tatsächliche Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems wird mehrere Jahre dauern. In einem ersten Schritt wurden zur Harmonisierung sogenannte Quick Fixes sowie Vereinfachungen bestimmter Regelungen eingeführt. Diese wurden am 7. Dezember 2018 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

Der vorliegende Beitrag soll die einzelnen Änderungen im Überblick darstellen.

Vereinfachung für Konsignationslager

Das Verbringen von Waren durch einen Unternehmer von einem Mitgliedstaat in ein Lager eines unternehmerischen Kunden in einem anderen Mitgliedstaat mit anschließender steuerpflichtiger Lieferung im Bestimmungsland führt in der Regel zur Registrierungspflicht für umsatzsteuerliche Zwecke im Bestimmungsland.

Sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, kann bereits derzeit für die Verbringung von Gegenständen in ein Konsignationslager in Österreich eine Vereinfachungsregelung in Anspruch genommen werden, um die Registrierungspflicht in Österreich zu vermeiden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine bloße Verwaltungsvereinfachung ohne gesetzliche Grundlage.

Ab 1. Jänner 2020 wird die Vereinfachungsregelung einheitlich in allen Mitgliedstaaten anwendbar sein. Demnach wird es bei Vorliegen der Voraussetzungen kein innergemeinschaftliches Verbringen zum Zeitpunkt der Einlagerung der Waren geben, sondern erst eine innergemeinschaftliche Lieferung zum Zeitpunkt der Entnahme der Waren durch den Abnehmer.

Um die Vereinfachungsregelung anwenden zu können, darf der Lieferer im Bestimmungsland weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung haben. Zudem muss die UID-Nummer des Abnehmers bei Transportbeginn bekannt sein. Des Weiteren wird vorausgesetzt, dass der Zeitraum zwischen der Einlagerung der Ware und der Entnahme durch den Kunden zwölf Monate nicht überschreitet. Außerdem sind bestimmte Aufzeichnungspflichten zu beachten.

Harmonisierung Reihengeschäfte

In einer Reihe kann die Warenbewegung nur einer Lieferung zugeordnet werden („bewegte Lieferung“) und nur diese kann als innergemeinschaftliche Lieferung oder Ausfuhrlieferung steuerfrei sein. Alle anderen Lieferungen in der Reihe sind als „ruhende Lieferung“ entweder im Abgangs- oder Bestimmungsland steuerbar und in der Regel steuerpflichtig. Wie die Zuordnung der bewegten Lieferung erfolgt, wird in den Mitgliedstaaten zum Teil unterschiedlich gehandhabt (UID-Nummer, Incoterms, in Österreich Transportorganisation etc.).

Die Neuerungen sollen die Zuordnung der bewegten Lieferung ab 1. Jänner 2020 harmonisieren. Nach dieser Vereinfachung wird die bewegte Lieferung grundsätzlich der Lieferung an den sogenannten Zwischenhändler zugeordnet. Der Zwischenhändler ist ein Lieferer innerhalb der Reihe, mit Ausnahme des ersten Lieferers, der die Gegenstände selbst oder auf seine Rechnung durch einen Dritten versendet oder befördert. Ähnlich zu der bisher in Österreich geltenden Regelung wird demnach die Verantwortung für den Warentransport entscheidend für die Zuordnung der bewegten Lieferung sein.

 

Abweichend von der bisherigen Regelung in Österreich, kann die Zuordnung der bewegten Lieferung von dem Zwischenhändler an dessen Kunden vorgenommen werden, wenn der Zwischenhändler gegenüber seinem Lieferer mit der UID-Nummer des Abgangslandes auftritt.

UID-Nummer als Voraussetzung für die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Entgegen der inzwischen ständigen Rechtsprechung des EuGH und entsprechender Folgejudikatur des VwGH soll die UID-Nummer eine materielle Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen sein. Ist der Kunde in einem anderen Mitgliedstaat registriert als in jenem, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände beginnt, so hat der Kunde dem Lieferer die UID-Nummer mitzuteilen. Der Lieferer ist verpflichtet, eine Zusammenfassende Meldung abzugeben.

Zur Vorbereitung auf die strengere Auslegung hinsichtlich des Vorliegen der UID-Nummern sollten Unternehmer das laufende Jahr 2019 nutzen, um die umsatzsteuerliche Behandlung innergemeinschaftlicher Warenströme zu überprüfen und sicherzustellen, dass gültige UID-Nummern der betroffenen Kunden vorliegen.

Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen

Um die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch nehmen zu können, muss der Lieferer nachweisen, dass die Ware tatsächlich ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist.

Die EU Quick Fixes sollen eine Harmonisierung und Vereinfachung des Nachweises der innergemeinschaftlichen Beförderung/Versendung bringen.

Demnach soll ab 1. Jänner 2020 der Verkäufer im Besitz von mindestens zwei einander nicht widersprechenden Nachweisen gemäß Art. 45a Abs. 3 MwSt-DVO sein. Hierbei sind bestimmte Voraussetzungen zu beachten: Insbesondere müssen die Nachweise von zwei verschiedenen Parteien (vom Verkäufer und Erwerber unabhängig) ausgestellt werden. Veranlasst der Abnehmer den Warentransport (Abholfall), benötigt der Verkäufer außerdem unter Angabe bestimmter Informationen des Erwerbers eine schriftliche Erklärung über die Veranlassung des Transports.

Grundsätzlich ist die Harmonisierung der Nachweispflichten für die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen zu begrüßen. Die Umsetzung der vorliegenden Neuregelung wird allerdings insbesondere bei Beförderungen schwierig, da die Ausstellung der Belege durch zwei verschiedene Parteien (vom Verkäufer und Erwerber unabhängig) im Beförderungsfalls de facto kaum möglich sein wird.

Aus heutiger Sicht kann nicht abschließend beurteilt werden, inwiefern und welche anderen Nachweise durch die Finanzverwaltung akzeptiert werden.

Abschließende Bemerkungen

Die tatsächliche Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems der Europäischen Union wird uns noch länger beschäftigen. Die vorgestellten Quick Fixes sind der erste Schritt zur Vereinheitlichung des Mehrwertsteuersystems und als solches grundsätzlich positiv zu sehen. Besonders die einheitliche Vereinfachungsregelung für Konsignationslager und die Harmonisierung der Zuordnung der „bewegten Lieferung“ bei Reihengeschäften werden in der Praxis Erleichterungen für Unternehmer bringen.

Schon jetzt können Unternehmen bestimmte Maßnahmen setzen, um fit für die neue Rechtslage ab dem 1.1.2020 zu sein. Sollten Sie Konsignationslager in anderen Mitgliedstaaten haben oder grenzüberschreitende Reihengeschäfte tätigen, können die derzeitigen unternehmensinternen Prozesse ihre Konformität hinsichtlich der Neuregelungen überprüft werden. Dasselbe gilt für die UID-Nummer des Warenempfängers im Fall von innergemeinschaftlichen Lieferungen.

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