Erleichterter Zugang für Fach- und Schlüsselkräfte aus Drittstaaten beschlossen – die Novelle des AuslBG im Überblick

Unser Thema am People Thursday, dem 11.  August 2022:


 

Wie bereits in unserem People Thurday Beitrag im Mai ausgeführt, steht die Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie einiger anderer Gesetze an. Darüber hinaus wird damit die „Blaue Karte EU-Richtlinie“1) in Österreich umgesetzt. Im Wesentlichen wurde der Ministerialentwurf2), der bis 27.5.2022 in Begutachtung war, in die Novelle übernommen. Durch die Maßnahmen soll der Zugang für Fach- und Schlüsselkräfte aus Drittstaaten zum österreichischen Arbeitsmarkt vereinfacht werden. Nachstehend werden die wichtigsten Punkte der Novelle dargelegt, die mit 1.10.2022 in Kraft treten.

 

Novellierung der Rot-Weiß-Rot-Karte 

Einerseits wurden die strengen Verknüpfungen von Qualifikation und Berufserfahrung im Punktesystem der Anlagen A bis D zum Ausländerbeschäftigungsgesetz gelockert. Andererseits werden die Punkte für die Berufserfahrung nun pro Halbjahr vergeben und nicht wie bisher pro Jahr. Antragstellende erhalten für ein halbes Jahr Berufserfahrung jeweils einen Punkt, was weiterhin zwei Punkten für ein volles Jahr Berufserfahrung entspricht. Darüber hinaus wird durch den Entfall des Wortes „ausbildungsadäquate“ [Berufserfahrung] nun ermöglicht, auch Punkte für die abgeschlossene Berufserfahrung oder Qualifikation zu erhalten, wenn diese nicht der angestrebten Beschäftigung entsprechen. Der Nachweis, dass Antragstellende zum vom Betrieb aufgestellte Anforderungsprofil passt, ist nur noch bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Rahmen des Ersatzkraftverfahrens zu erbringen.

Für den Nachweis einer Berufsausbildung in einem Mangelberuf erhalten Fachkräfte nun einheitlich 30 Punkte, unabhängig von der Art ihrer Berufsausbildung (Lehre, Abschluss einer berufsbildenden Schule oder Abschluss eines Universitätsstudiums).

In der Kategorie „Alter“ erhalten nun auch Fachkräfte über 40 Jahre Zusatzpunkte. Durch die Vergabe von 5 Punkten soll älteren Antragsteller:innen das Erreichen der erforderlichen Mindestpunkte erleichtert werden.

Auch eine Aufwertung der Englischkenntnisse erfolgte im Punktesystem. Sofern Englisch im Unternehmen die vorherrschende Sprache ist, sind Englischkenntnisse im Punktesystem den Deutschkenntnissen gleichgestellt.

Im Zusammenhang mit dem Nachweis von Sprachkenntnissen gibt es auch Erleichterungen bei der Gültigkeit von Sprachdiplomen. Bis dato hat das AMS bei Prüfung des Nachweises von Sprachdiplomen die einjährige Frist nach § 21a NAG3) herangezogen. In Umsetzung mehrerer Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Nichtanwendbarkeit der einjährigen Frist bei Verfahren für die Rot-Weiß-Rot-Karte wurde nun in der Novelle im AuslBG4) klargestellt, dass Sprachdiplome und Kurszeugnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als fünf Jahre sein dürfen, um als Nachweis für Sprachkenntnisse im Zuge des Punktesystems berücksichtigt werden zu können.

Um die Einstiegsbarrieren für jüngere Schlüsselkräfte zu reduzieren, wurde die bisher verlangte Mindestentlohnung von 60% der ASVG-Höchstbeitragsgrundalge reduziert. Das gesetzliche Mindestentgelt für „sonstige Schlüsselkräfte“ liegt nun bei 50% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (für 2022 EUR 2.835 brutto). Für Studienabsolvent:innen fällt die gesetzliche Mindestentlohnung. Jedoch müssen Studienabsolvent:innen weiterhin zumindest mit dem ortsüblichen Entgelt inländischer Studienabsolvent:innen mit vergleichbarer Tätigkeit und Berufserfahrung entlohnt werden.

 

Anpassung der Blauen Karte EU5) an die Richtlinienvorgaben

In Umsetzung der Blaue-Karte-EU-Richtlinie, die spätestens bis 18.11.2023 zu erfolgen hat, sieht die Novelle weitere Maßnahmen vor, um hochqualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Unter anderem wird die Gehaltsschwelle vom 1,5-fachen auf das 1-fache des in Österreich gegebenen durchschnittlichen Bruttojahresgehalts gesenkt.

Auch bei einer Änderung der Beschäftigung gibt es Erleichterungen: Bei einem Arbeitgeberwechsel nach einer zwölfmonatigen Beschäftigung im selben Mitgliedstaat entfällt die Arbeitsmarktprüfung. Die neue Beschäftigung kann sofort vorläufig aufgenommen werden. Sind die zwölf Monate noch nicht erreicht, so können Antragstellende nach Beantragung der neuen Beschäftigung die neue Beschäftigung nach Ablauf von 30 Tagen vorläufig aufnehmen. Für Inhaber:innen einer Blauen Karte EU oder Daueraufenthalt EU eines anderen Mitgliedstaats sieht die Novelle ebenfalls Erleichterungen bei der Zulassung einer Beschäftigung in Österreich vor.

Im IKT-Bereich fällt der Hochschul- oder Fachhochschulabschluss als Voraussetzung. Der Nachweis einer dreijährigen Berufserfahrung (wenn diese auf Niveau eines Hochschul- oder Fachhochschulabschlusses ist) reicht nun mehr.

Zudem entfällt die Arbeitsmarktprüfung beim Umstieg eines nationalen Aufenthaltstitels für eine hochqualifizierte Beschäftigung (Rot-Weiß-Rot-Karte) auf die Blaue Karte EU, wenn der bisherige Arbeitsplatz beibehalten wird.

Auch die angekündigten Erleichterungen i.Z.m. mit der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit und der kurzfristigen Mobilität wurden in die Novelle übernommen. Im Detail ist es für Inhaber:innen der Blauen Karte EU zulässig, neben der unselbständigen Tätigkeit eine selbständige Tätigkeit auszuüben, solange die selbständige Tätigkeit als untergeordnet angesehen werden kann und sonst alle gesetzlichen Erfordernisse für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit (z.B. Berufs- oder Gewerbeberechtigung) erfüllt sind. Um die Mobilität von hochqualifizierten Inhaber:innen der Blauen Karte EU zu stärken, ist für eine Dauer von 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen keine Entsende- oder Beschäftigungsbewilligung erforderlich, wenn die Tätigkeit in direktem Zusammenhang mit den geschäftlichen Interessen des im anderen Mitgliedstaats ansässigen Arbeitgebers steht und von den beruflichen Pflichten des Beschäftigungsverhältnisses umfasst ist. Insofern wird hochqualifizierten Mitarbeiter:innen in internationalen Positionen die grenzüberschreitende Tätigkeit wesentlich erleichtert. Ein Rückgriff auf die Ausnahme für Dienstreisen nach dem LSD-BG, die nur für relativ kurze Zeiträume greift, ist für diese Fälle nicht mehr notwendig.

 

Sonstige Erleichterungen

Neu eingeführt wird eine Beschäftigungsbewilligung für besonders qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten (Spezialist:innen), die ohne Zuwanderungsabsicht zur Durchführung zeitlich befristeter Projekte, insbesondere im IT-Bereich, zusätzlich zum Stammpersonal vorübergehend beschäftigt werden. Die neu geschaffenen Beschäftigungsbewilligungen werden längstens für einen Zeitraum von 6 Monaten erteilt.

Stammsaisoniers, die bereits beim AMS registriert sind, erhalten künftig unabhängig ihres Alters und ihrer Qualifikation eine Rot-Weiß-Rot-Karte. Die mit Beginn des Jahres in Kraft getretene Stammsaisonierregelung soll dahingehend geändert werden, dass die Beschäftigung der jeweils vorangegangenen fünf Kalenderjahre für die Registrierung als Stammsaisonier relevant ist.

 

Servicemaßnahmen

Um die Einbringung für Anträge von Antragstellenden mit Familie zu erleichtern, wird eine Option für die gleichzeitige Antragstellung für den Ausländer und seine Familienangehörigen durch den Arbeitgeber geschaffen.

Fristen für die Durchführung des Ersatzkraftverfahrens durch das AMS finden sich in der Novelle nicht. Allerdings sieht das Regierungsprogramm als Maßnahme zur Straffung des Verfahrens vor, dass die Ersatzkraftprüfung nach Möglichkeit innerhalb von 10 Tagen durchgeführt werden soll. Das AMS ist somit angehalten, die Ersatzkraftprüfung im Zuge der verpflichtenden Arbeitsmarktprüfung zügig vorzunehmen.

Um den Service für Unternehmen zu verbessern, soll die beim Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft eingerichtete Austrian Business Agency (ABA) als zentrale Anlaufstelle zur Beratung von Unternehmen bei der Einstellung von internationalen Fachkräften gestärkt werden. Im Zuge dessen soll eine mehrsprachige und digital unterstützte Information und Beratung von Unternehmen erfolgen. Die ABA ist zudem berechtigt, bei den zuständigen Behörden Informationen über den Stand des Verfahrens einzuholen und Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen.

 



Autorin:

Denise Berzsenyi

denise.berzsenyi@bdo.at
+43 5 70 375 - 1628

 



Ansprechpartnerin:

Sprechen Sie mit unserer BDO Expertin für Global Mobility Katja Reichl

katja.reichl@bdo.at
+43 5 70 375 - 1463

 

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1) Richtlinie (EU) 2021/1883 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2021 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/50/EG des Rates, ABl Nr. L 382 vom 28.10.2021.

2) Ministerialentwurf vom 28.4. 2022, 195/ME BlgNR 27. GP.

3) Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.

4) Ausländerbeschäftigungsgesetz.