Die Fremdvergleichbarkeit von konzerninternen Finanzierungsmaßnahmen in der Covid-19-Krise

 

Die Covid-19-bedingten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Liquiditätsengpässe verleihen der Vergabe von konzerninternen Finanzierungsmaßnahmen dringlichste Bedeutung, da durch sie ein Weiterbestehen der Konzernunternehmen sichergestellt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass sich durch die Auswirkungen auf die Finanz- bzw. Kapitalmärkte auch die Rahmenbedingungen des Fremdvergleichs ändern können, was mit erheblichen finanziellen Auswirkungen für krisengeschwächte Unternehmen verbunden sein kann.

Auswirkungen der Covid-19-Krise auf Kreditlinien der Banken

Durch die verschlechterten wirtschaftlichen Aussichten ist ein Anstieg der Kreditausfallraten und Risikoaufschläge zu erwarten[1]. Banken sehen sich gezwungen, ihre Rückstellungen für erwartete Kreditverluste (ECL) zu erhöhen, was sich teilweise bereits in den Quartalsberichten im Frühjahr 2020 abgezeichnet hat.[2] Im ersten Quartal kam es aufgrund geänderter Risikoeinschätzungen sowie höheren Refinanzierungskosten und bilanziellen Restriktionen auch zu kurzfristigen Steigerungen der Kreditmargen. Banken reagieren daher mit der Erhöhung von Zinssätzen bei der Kreditvergabe. Durch verschiedenste staatliche Maßnahmen, z.B. Haftungen durch Kreditsicherungen, soll eine Herabstufung der Bonität abgefedert und so der Anstieg der Risikoaufschläge geringgehalten werden.

Auswirkungen auf die Konzernfinanzierung

Die OECD-Richtlinien für Finanztransaktionen sehen - neben Währung, Laufzeit, Besicherung und Höhe des Darlehens - auch die Bonität der Kreditnehmenden als wesentliche Faktoren zur Beurteilung der Fremdüblichkeit der Finanzierung. Dementsprechend hat auch konzernintern eine Bonitätsbeurteilung zu erfolgen. Bei einer krisenbedingten Vergabe von Darlehen oder Krediten im Konzern sollte analysiert werden, ob es zum Zeitpunkt der Einräumung der Finanzierung den Darlehensnehmenden möglich wäre, sich auch extern zu finanzieren. Beziehungsweise, ob sie auf Basis einer sachgerechten Planung einen Cashflow generieren sollten, der eine Begleichung von Zinsen und Finanzierungsbetrag auf vertrags- und fremdverhaltenskonforme Weise gewährleisten sollte.[3] Anderenfalls könnte eine Umqualifizierung der Finanzierung in steuerliches Eigenkapital drohen; Zinszahlungen wäre damit der steuerliche Abzug versagt.

Die Änderungen der externen Rahmenbedingungen der Finanz- und Kapitalmärkte können bei Anwendung der Preisvergleichsmethode auch Auswirkungen auf die angemessene Vergütung bereits bestehender konzerninterner Finanztransaktionen haben. Hierbei wird zu unterscheiden sein, ob es sich um Finanzierungen zu fixen oder variablen Zinssätzen handelt. Ein ungeklärtes und daher heikles Thema ist auch der Problembereich Negativzinsen, die von Banken zusehends auch bei kleinen Finanzierungsvolumina zur Anwendung gebracht werden. Es ist jedenfalls hinsichtlich bestehender Finanzierungen zu analysieren, ob vergleichbare Finanzierungsverträge mit externen Finanzierungsgebern auf gewisse Kennzahlen des Unternehmens abstellende Preisanpassungsklauseln oder Kündigungsmöglichkeiten vorsehen.

Werden konzerninterne Darlehen deutlich zu niedrig verzinst oder gar zinslos vergeben, so mag es zwar konzerninterne Gründe dafür geben, einem Fremdvergleich auf Stand Alone Basis kann aber in der Regel nicht standgehalten werden. Hierfür mag es Ausnahmen geben: in Sonderfällen eines sehr verzahnten Geschäftsmodells, bei dem eine „Teilung“ der finanziellen Lasten der Krise als fremdüblich erscheint oder aber wenn die funktionsstärkste Konzerngesellschaft Zinsstützungen auf betrieblicher Grundlage im Einklang mit dem Fremdverhaltensgrundsatz gewährt. Es könnte auch von vornherein ein Finanzierungsbedarf über eine sogenannte Commercial Subsidy Zahlung des funktionsstärksten Unternehmens abgewendet werden. Eine eingehende Analyse des Geschäftsmodells der involvierten Gesellschaften ist ratsam. Alle derartigen pandemiebedingten Eingriffe in fremdübliche Verrechnungspreise sollten jedoch eindeutig als solche bezeichnet werden, um Diskussionen mit der Betriebsprüfung zu reduzieren.

Sehen sich Konzernobergesellschaften unter Einhaltung des Arm’s Length Prinzips gezwungen, die Zinssätze und Bonitätskriterien anzuwenden, die jenen der Banken in Krisenzeiten entsprechen (und daher entsprechend hoch sind), kann dies dazu führen, dass die Tochtergesellschaften diese Zinslast wirtschaftlich nicht tragen können Von Seiten der OECD als auch des österreichischen Gesetzgebers wäre eine flexiblere Ausgestaltung der konzerninternen Finanzierung daher wünschenswert, um diesbezügliche wirtschaftliche Härten zu vermeiden. Zudem können geschäftsmodellabhängig wie „Zinsstützungen auf betrieblicher Grundlage“ in Erwägung gezogen werden, um die wirtschaftlichen Härten im Einklang mit dem Fremdverhaltensgrundsatz abzumildern.

Praxistipp

Bei Vertragsanpassungen bzw. Neuverhandlungen ist jedenfalls eine entsprechende Dokumentation der Gründe sowie der fremdüblichen Vorgehensweise wesentlich. Die derzeitige Ausnahmesituation verlangt eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Ansprechpartner:
Alexandra Dolezel
Partnerin
alexandra.dolezel@bdo.at 
+43 1 53737-584

     

1Simbürger, Börseblick - Ungewissheit prolongiert, ÖBA 2020, 384

3 OECD, Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions, Tz 10.12 f.